Ein Gespenst geht um in Deutschland

Deindustrialisierung

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Der Begriff der Deindustrialisierung macht derzeit die Runde in Politik und Medien. Gemeint ist damit, dass der Exportweltmeister Deutschland seine industrielle Basis nach und nach verliert. Zu gewaltig scheinen derzeit die Krisen zu sein, die wie ein Hagelschauer gleichzeitig vor allem auf den deutschen Mittelstand einprasseln. Wenn es schlecht läuft, müssen Produktionsbetriebe vor allem aufgrund explodierender Energiekosten Insolvenz anmelden, wie z. B. Hakle aus Düsseldorf. Wenn es „gut“ läuft, werden die Fabriken ins Ausland verlagert. Damit verschwinden dann auch gut bezahlte Industriearbeitsplätze.

Aktuelle Risiken

Viele Branchenverbände schlagen derzeit Alarm, wie etwa der Chemieverband VCI. Hauptgeschäftsführer Wolfgang Entrup meldet für die chemische Industrie eine dramatische Lage mit einem Umsatzrückgang seit Jahresbeginn von 10 Prozent. Er befürchtet eine Insolvenzwelle mit einem Arbeitsplatzabbau. Auch in der Baubranche trüben sich die Aussichten ein. Die Risiken steigen.

  • Energie: Unternehmen sind anders als Privatleute nicht durch die Versorgungspflicht geschützt. Manche stehen bereits heute nach Kündigung ohne Energieversorgungsvertrag da. Die Energiepreisexplosion ist nicht nur auf den Ukraine-Krieg zurückzuführen. Sie liegt auch daran, dass die Politik in den letzten Jahren gewaltige Kraftwerkskapazitäten im Rahmen der auf tönernen Füßen gebauten Energiewende abgebaut hat.  
  • Zinssätze: Nach einer über 10-jährigen Phase der Geldflutung und Nullzinspolitik durch die westlichen Zentralbanken erfolgte im Sommer 2022 eine Kehrtwende. Die Zinssätze steigen wieder und damit auch die Rezessionsgefahr.
  • Materialpreise: In Deutschland sind die Erzeugerpreise im August um 46 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Anstieg seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. Das liegt auch an den Lieferproblemen, die durch die Corona-Lockdowns begannen. Ein Ende ist nicht in Sicht, zumal die Effekte der noch andauernden Null-Covid-Strategie in China noch kommen.

Maßnahmen

  • Preise weitergeben: Die erste Reaktion auf die steigenden Erzeugerpreise ist der Versuch, Preise auf Kunden abzuwälzen. Viele DAX-Konzerne scheinen damit erfolgreich zu sein. Sie fahren Rekordgewinne ein. Viele Mittelständler konnten die Preissteigerungen auch weitergeben, weil chinesische und US-amerikanische Unternehmen durch Lieferkettenstörungen und Transportschwierigkeiten noch nicht so aktiv waren. Doch das scheint sich gerade zu verändern.
  • Kosten reduzieren: So schnell wie die Energiekosten steigen, so schnell können die Kosten nicht gesenkt werden. Immer mehr Unternehmen ziehen daher die Reißleine und führen wieder Kurzarbeit ein oder schließen ganze Produktionen.
  • Standort verlagern: Parallel dazu arbeiten nicht wenige Unternehmen an der Verlagerung ihrer Produktionsstätten. Die Liste wird länger: Kostal aus Lüdenscheid geht nach Ungarn, Halbleiter-Zulieferer Hellma Materials wandert nach Schweden ab und Villeroy & Boch geht vom Saarland in die Türkei. Auch die USA buhlen mit preiswerter Energie und niedrigen Steuersätzen verstärkt um deutsche Unternehmen. Auf der Website der Akademie Bergstraße, die das Projekt „Rettet unsere Industrie“ gestartet hat, findet man weitere Beispiele (https://www.akademie-bergstrasse.de/deindustrialisierung).

Für immer weg?

Mit dem Verlust gut bezahlter Industriearbeitsplätze verliert Deutschland an Wohlstand und internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen, die einmal weg sind, kommen so schnell nicht wieder, zumal auch die übrigen entscheidenden Standortfaktoren in Deutschland wie Infrastruktur, Bildung und politische Stabilität zu wünschen übriglassen.

Zombieunternehmen

Die aktuelle Krise wird zuerst die Unternehmen treffen, die über wenig Eigenkapital und überkommene Geschäftsmodelle verfügen. Manche sprechen hier auch von Zombieunternehmen, die in den letzten Jahren nur durch niedrige Zinssätze am Leben geblieben sind. In einer Marktwirtschaft mit ihrer schöpferischen Zerstörungskraft ist es normal und auch gut, wenn nicht mehr wettbewerbsfähige Unternehmen aus dem Markt ausscheiden und Ressourcen für andere freigeben. Problematisch wird es für Deutschland aber dann, wenn z. B. die außergewöhnlich hohen Energiekosten und rein ideologisch motivierte politische Entscheidungen auch im Kern gesunde Unternehmen und damit den Wohlstand zerstören.

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